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Fibromyalgie: Symptome, Ursachen und Behandlung

Von Helga Wiesmann
aktualisiert

Kurz erklärt!

Muskel- und Gelenkschmerzen in allen Körperregionen, Druckschmerz, Steifigkeit und Schwellung von Händen, Füßen und Gesicht, dazu begleitende Beschwerden wie Erschöpfung und Schlafstörungen gehören zum Fibromyalgie-Syndrom. Früher galten Patienten häufig als Hypochonder, inzwischen geht man von einer komplexen Schmerzproblematik im Körper aus, die mit dem Begriff Weichteilrheuma nicht richtig benannt ist. In Deutschland sind etwa zwei Prozent der Menschen betroffen, davon sind 80 % Frauen in den mittleren Jahren. Die Fibromyalgie ist nicht heilbar, aber mit einer ganzheitlichen Behandlung können Betroffene eine gute Lebensqualität haben.

Fibromyalgie Symptome

Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie bedeutet Muskelfaserschmerz. Früher sagte man Weichteilrheuma dazu und betrachtete es als eine dem Rheuma bzw. der Rheumatoiden Arthritis verwandte Krankheit: „wie Rheuma, aber der Rheuma-Faktor ist negativ“. Betroffene Frauen hatten es oft schwer. Das Beschwerdebild ist komplex, schwer einzuordnen und oft verging viel Zeit, bis eine Diagnose gefunden wurde. Zudem wurde die Erkrankung lange falsch eingeschätzt. Die tiefen Muskelschmerzen strahlen großflächig aus und oft kommen Schlafstörungen, chronische Erschöpfung, Konzentrationsbeschwerden und Reizdarm-ähnliche Beschwerden dazu. Auch Depressionen und Angstzustände können mit der Fibromyalgie einher gehen. 

Sind Fibromyalgie und Weichteilrheuma dasselbe?

Seit Januar 2022 bildet das Fibromyalgiesyndrom in der ICD-11 (International Classification of Deseases) eine eigenständige Kategorie der chronischen Schmerzerkrankungen, ohne den Bezug zu anderen Erkrankungen der Gelenke und Weichteilrheuma. Das hat für Betroffene den Vorteil, dass sie schneller an einen Schmerztherapeuten überwiesen werden können. Zwar kann eine rheumatische Erkrankung die Entstehung einer Fibromyalgie begünstigen, doch ist letztere ein eigenständiger Symptomen-Komplex, der im Rahmen einer Schmerztherapie effektivere Behandlung finden kann. 

Über den Umgang mit entzündlichem Gelenkerkrankungen lesen Sie gerne in unserem Gesundheitsthema „Rheuma natürlich behandeln“. 

Fibromyalgie Ursachen

Was sind die Ursachen einer Fibromyalgie?

Immer noch gibt es Unklarheit darüber, wie Fibromyalgie entsteht. Man weiß allerdings, dass sie nicht entzündlich-rheumatisch ist und auch keine Erkrankung der Muskeln und Gelenke darstellt. Zur Diskussion um die Ursache steht vielmehr eine funktionelle Störung der Schmerzverarbeitung im Gehirn. Es könnten Veränderungen kleiner Nervenfasern eine Rolle spielen, die immerhin bei der Hälfte der Patienten nachweisbar sind. Doch wie so oft gibt es hier das „Henne-Ei-Problem“: Es ist nicht sicher, ob diese Veränderungen Ursache oder Folge der Erkrankung sind. Geklärt ist aber, dass die Schmerzverarbeitung vom Gehirn hinunter zum Rückenmark vermindert ist. Das heißt: Betroffene haben aufgrund einer gestörten Schmerzverarbeitung eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Sie reagieren stärker auf Schmerzreize und empfinden sie viel intensiver als andere Menschen. Dies ähnelt auch den Vorgängen, die in Bezug auf das Reizdarm-Syndrom im Gespräch sind und erklärt vielleicht auch, dass viele Fibromyalgie Patienten auch einen Reizdarm haben. 

Auch genetische Veränderungen kommen als Ursache für den Faser-Muskel-Schmerz in Betracht. Sozialer Stress und vergangene Traumata körperlicher und seelischer Natur können bei der Entstehung der Fibromyalgie eine Rolle spielen. 
In diesem Sinne führte der alte Begriff: „Weichteilrheuma“ in die falsche Richtung und hat vielleicht auch verhindert, dass für Betroffene angemessene Behandlungsansätze für den Umgang mit den chronischen Schmerzen entwickelt werden konnten.

Wie entsteht chronischer Schmerz?

Bei den meisten chronischen Schmerzerkrankungen entsteht der Schmerz aus einer nicht sachgemäß behandelten akuten Situation, während der der Schmerz ein Warnsignal war. Zu viel Schonung, mangelnde Bewegung und auch sozialer Rückzug bewirken oft eine Verschlimmerung und Chronifizierung von Schmerzen. Das kann man häufig bei Rückenschmerzen beobachten. 
Bei der Fibromyalgie liegt der Fall etwas anders. Die Störung entwickelt sich im Verborgenen und nach vielen Jahren meldet sich das komplette Syndrom. Dann ist bereits der chronische Zustand erreicht. Doch auch hier gilt dann, eine gute Balance zwischen Entspannung, Aktivität und Ruhe zu finden. Die Beweglichkeit kann durch Aktivität gefördert werden und Lebensfreude sowie soziales Miteinander sind immer auch ein gutes Medikament gegen Schmerzen.

Welche Faktoren begünstigen die Entstehung eines Fibromyalgie-Syndroms?

Hierzu zählen entzündlich-rheumatische Erkrankungen, Übergewicht, Rauchen, mangelnde Bewegung sowie Vitamin-D-Mangel. Seelische Themen und Traumata dürfen nicht unterschätzt werden. Vor allem spielen Gewalterfahrungen eine Rolle, sowohl erlebte körperliche Misshandlung und sexueller Missbrauch in der Kindheit als auch sexuelle Gewalt im Erwachsenenalter. Auch depressive Störungen können sich körperlich als Fibromyalgie zeigen. Grundsätzlich verschlimmert Stress die Situation deutlich.

Welche Symptome gibt es?

Das hauptsächliche Symptom ist chronischer, diffuser Schmerz. Er kann sich als Muskelschmerz zeigen, als Brennen, Kribbeln, Taubheitsgefühl und Steifigkeit. Muskeln und Gelenke fühlen sich geschwollen an. Migräne und Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfung kommen vor. Es können auch Symptome ähnlich einer Blasenentzündung sein. Gesicht und Kiefer können schmerzen. Der Patient wird es wahrscheinlich so sagen: „Ich habe Schmerzen am ganzen Körper“.
Dazu kommen weitere typische Symptome wie chronische Müdigkeit, Erschöpfung, Restless-Legs-Syndrom, Schlafstörungen und Schlafapnoe. 
Die körperlichen Beschwerden gehen häufig mit seelischen Beschwerden einher. Dazu gehören Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, innere Unruhe und Nervosität. In 62 bis 86 Prozent der Fälle stellt sich im Laufe des Lebens eine Depression ein.
Ein selteneres, aber auch sehr belastendes Symptom der Erkrankung ist Überempfindlichkeit auf Gerüche, Geräusche und Licht.

Diagnose des Fibromyalgie-Syndroms

Die Diagnostik in Bezug auf die Fibromyalgie ist nach wie vor nicht leicht. Lange Zeit wurden schmerzhafte Druckpunkte, die Tender Points, als sehr typisch für das Weichteilrheuma gesehen. Diese 18 Schmerzpunkte sind paarig am Körper im Hals-Nacken-Schulterbereich, sowie in der Nähe der Schlüsselbeine, den Ellbogen und Knien und den Hüften lokalisiert. Man nutzte die Tender Points lange Zeit auch pragmatisch: Wenn 11 der Punkte schmerzten, ging man von einer gesicherten Diagnose aus. Mit der Zeit hat sich dieser Ansatz verfeinert hin zu einem Widespread-Pain-Index und einer Symptomschwere-Skala, in der die Beschwerden eingeordnet werden können.

Es gibt keine Labordiagnostik, die zielführend wäre. In MRT und Röntgenbild ist ebenso kein Befund zu erwarten. Von daher ist es wichtig, andere Erkrankungen differentialdiagnostisch zu überprüfen: Infektionserkrankungen wie Epstein-Barr-Virus, Borreliose, Hepatitis C und HIV, sowie Parvovirus sollten ausgeschlossen werden. Ebenso entzündliche Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew und Lupus erythematodes sollten abgeklärt werden. Auch hormonelle Störungen sind zu überprüfen sowie Neuropathien und andere Schmerzsyndrome.

Verläuft die Erkrankung in Schüben?

Weichteilrheuma, wie man früher sagte, beginnt häufig langsam und verschlimmert sich mit der Zeit. Oft verläuft die Erkrankung auch in Schüben. Betroffene kennen den Schmerz in allen Intensitäten. So beginnt ein Schub in der Regel mit moderaten Beschwerden, die sich verstärken. Es ist ein Auf und Ab von Phasen mit weniger Beschwerden, in denen die Lebensqualität sehr gut sein kann und Zeiten, die von intensivem Schmerz geprägt sind und als sehr leidvoll erfahren werden. Patienten in guter, ganzheitlicher Behandlung und einer multimodalen Schmerztherapie haben sehr gute Aussichten auf ein Leben, das nicht vom Schmerz regiert wird.

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Welche Therapie gibt es beim Fibromyalgiesyndrom?

Eine Heilung ist bislang nicht möglich. Doch lassen sich die Symptome und Beschwerden mit einer umfassenden Therapie gut beherrschen. Dabei kommt es auch auf die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient an, denn es ist für den Erfolg der Therapie wichtig, dass der Patient aktiv mitmacht. Dies umso mehr, als dass Schmerzmittel in der Regel keine Linderung bringen und andere Wege gesucht werden müssen. Zwar können bei schweren Verläufen Antidepressiva und Antikonvulsiva gegen Epilepsie als off-label-Anwendung infrage kommen, doch haben starke Medikamente auch Nebenwirkungen. Dies will gut vom Arzt abgewogen sein.
Auch richtet sich die Therapie individuell aus, denn nicht alle Fibromyalgie-Patienten haben dieselben Symptome und Beschwerden. 

Bewegung:
Für alle Betroffenen wird ein Bewegungstraining angeregt. Dabei wird der Arzt zu einem Ausdauertraining raten, das zwei- bis dreimal die Woche in geringer oder mittlerer Intensität absolviert werden sollte. Es sollte im aeroben Bereich trainiert werden. Sportarten, die sich gut dafür eignen, sind Wandern, Schwimmen, Radfahren, Tanzen, Aquajogging. Wassergymnastik ist besonders empfehlenswert, weil dabei auch die Gelenk- und Muskelfunktion gestärkt wird. Sehr nützlich: Die deutsche Rheuma-Liga hat ein Poster mit Bewegungsübungen herausgegeben, das man sich kostenfrei herunterladen kann.

Wärme:
Oft bessert Wärme – eher als Kälte – die Beschwerden. In seltenen Fällen ist es aber umgekehrt und eine Kältekammer kann Linderung bringen.

Entspannung:
Hier kann sich der Patient von seinen Vorlieben leiten lassen: Yoga, Tai-Chi, Qigong, progressive Muskelentspannung nach Jacobsen oder Autogenes Training sind sehr wichtige Bestandteile in der ganzheitlichen Behandlung.

Umgang mit Stress - Ärztin berät Patient/in

Umgang mit Stress:
Stress verschlimmert die Symptome von Betroffenen. In diesem Sinne sollte die Bewältigung von Stress bei der Behandlung der Krankheit einen angemessenen Platz einnehmen. Auch hier ist das Arzt/Patient Gespräch wichtig: Was funktioniert gut? Wie kann der Alltag anders organisiert werden? Welche Änderungen können am Arbeitsplatz vorgenommen werden, um den Stress zu lindern? Ziel ist es, dass der Patient lernt, mit den eigenen Energiereserven sorgsam umzugehen, wohl dosiert und eigenverantwortlich seine Kraft einzusetzen, ohne die individuelle Belastungsgrenze zu überschreiten.

Schmerzen am ganzen Körper, Magen-Darm-Beschwerden, depressive Verstimmungen sind Ausdruck einer Krankheit, die von vielen Aspekten heraus betrachtet und behandelt werden sollte. Je nachdem, welche Symptome besonders ausgeprägt sind, können alternativmedizinische Ansätze wie die Traditionelle Chinesische Medizin, Akkupunktur, Homöopathie, Phytotherapie in die Behandlung mit einbezogen werden.
Zum Beispiel kann der Sauerdorn bei wechselnden und ausstrahlenden Schmerzen hilfreich sein.

Ernährung bei Fibromyalgie

Es gibt keine bestimmten Ernährungsempfehlungen für Fibromyalgie-Patienten. Aber es gibt Hinweise, dass eine pflanzenbasierte Ernährung die Krankheit positiv beeinflussen kann. Sicherlich ist viel Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse, gute pflanzliche Öle und im Sinne einer Mittelmeerdiät hin und wieder Fisch eine gute Möglichkeit, die Behandlung generell zu unterstützen.

Helga Wiesmann
Die Autorin Helga Wiesmann

Heilpraktikerin und Texterin.  In meiner Praxis in Saarbrücken arbeite ich in den Schwerpunkten Darmgesundheit und komplementäre Onkologie. Ich habe viel Freude daran, mich mit komplexen Gesundheitsthemen auseinander zu setzen und lege Wert darauf, diese gut lesbar zu verfassen. Schon immer haben mich Gesundheit und die Pflanzen am meisten fasziniert: Der menschliche Körper mit seinen Wundern und dem Streben nach Gleichgewicht, sowie die Gewächse am Wegesrand: ihre Signaturen, Inhaltsstoffe und Wirkweisen. Als Naturheilkundlerin und Texterin zu arbeiten, und dies in der Arbeit für Pascoe zusammenzufügen, macht großen Spaß. Und das spüren hoffentlich auch Sie. Mehr erfahren

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