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Von Helga Wiesmann

Präbiotische Lebensmittel: Nahrung für eine gesunde Darmflora

Präbiotische Lebensmittel

Was sind Präbiotika?

Präbiotika sind in Lebensmitteln enthaltene Ballaststoffe, die entgegen dem Wortsinn den Körper nicht belasten, sondern im Gegenteil: Sie entlasten und unterstützen die Verdauung dadurch, dass sie bestimmte Darmbakterien in ihrem Wachstum und ihrer Aktivität fördern. Man kann auch sagen: Präbiotika sind das Futter für die „guten“ Bakterien im Darm. 
Ballaststoffe sind Bestandteile faserreicher, pflanzlicher Lebensmittel. Sie kommen in den Zellwänden der Pflanzen vor. Dort werden sie unter anderem Cellulose, Lignin oder Pektin genannt. Andere Ballaststoffe, wie Inulin, nutzt die Pflanze als Energiereserve. Da der Mensch nicht über die geeigneten Enzyme zu deren Aufspaltung verfügt, gelangen sie unverdaut in den Dickdarm, wo sie von Bifidobakterien sowie speziellen Arten wie Faecalibacterium prausnitzii, Akkermansia muciniphila und Ruminococcus bromii als Nahrung verdaut werden.
 
Präbitotika sind unterteilt in 

  • lösliche und unlösliche Ballaststoffe.

Lösliche Ballaststoffe werden von den Darmbakterien weitgehend abgebaut und fördern das Wachstum der Darmbakterien. Sie sind wasserlöslich und in Kartoffeln, Hafer, Erbsen, Bohnen, Äpfeln, Zitrusfrüchten, Karotten und Gerste enthalten. Inulin, Oligosaccharide, Beta-Glucan, Pektin, resistente Stärke, Akazienfaser sind Beispiele für lösliche Ballaststoffe. Ebenso Flohsamen und Chiasamen, die in Wasser eine gelartige Masse bilden, gehören dazu. 

Unlösliche Ballaststoffe werden von den Darmbakterien nur teilweise abgebaut. Sie werden nach dem Verzehr fast unverändert wieder ausgeschieden. Sie quellen auf und binden Wasser im Dickdarm. Das Stuhlvolumen erhöht sich, die Darmaktivität wird angeregt und somit die gesamte Verdauung. Vorwiegend kommen sie in Getreide und Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse als Cellulose oder Lignin vor. Leinsamen bietet einen hohen Gehalt an unlöslichen, unverdaulichen Ballaststoffen.

Warum sind Präbiotika so gesund?

Sie fördern eine ausgewogene Darmflora und beeinflussen die Verdauung positiv. Bestimmte Präbiotika, z.B. Flohsamen, Leinsamen und Chiasamen können sowohl bei Verstopfung als auch bei Durchfall von Nutzen sein, denn sie sind in der Lage, in beide Richtungen zu regulieren. Zudem hemmen sie das Wachstum von krankmachenden „schlechten“ Darmbakterien. Damit tragen sie zu einer ausgewogenen Darmflora bei wodurch der pH-Wert im Darm gesenkt werden kann. Dieses vorteilhafte Milieu begünstigt  den Stoffwechsel und somit auch die Aufnahme von Vitaminen und Mikronährstoffen wie Calcium, Magnesium, Eisen, Vitamin D und E. Die schleimbildenden Ballaststoffe wie Leinsamen, Chiasamen und Flohsamen sind zudem für die Schleimhäute sehr gesund.

Ein weiterer Nutzen besteht darin, dass durch die Verstoffwechselung von Ballaststoffen kurzkettige Fettsäuren entstehen. Diese sind weit über den Magen-Darm-Trakt hinaus gesund. Insbesondere das Butyrat spielt hier eine wichtige Rolle zur Gesunderhaltung: Sie ist wesentliche Energiequellen für die Darmzellen, stärkt die Darmbarriere und das Immunsystem. Zudem wirkt sie entzündungshemmend und schützt Gehirn und Schleimhäute. Eine unzureichende Bildung von kurzkettigen Fettsäuren wird mit der Entstehung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Adipositas, chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma und der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht. So ist es plausibel, dass z.B. übergewichtige Menschen auf einen gesunden Darm und ein ausgeglichenes Verhältnis der kurzkettigen Fettsäuren achten sollten, um langfristig Gewicht zu verlieren.

So groß der Nutzen für die Gesundheit ist: eine ballaststoffreiche Ernährung kann zu vermehrten Blähungen führen. Es gibt dabei einen altbewährten Tipp aus der Küche: etwas Kümmel zum Kohlgemüse kann Blähungen mindern. Ebenfalls hilfreich kann ein pflanzliches Arzneimittel wie Pascoventral sein, in dem neben Kümmel auch Kamille und Pfefferminze enthalten sind.

Präbiotische Lebensmittel

Gesundheit ist immer abhängig von der Ernährung. Da liegt auch bereits die Herausforderung, denn die sogenannte westliche Ernährungsweise ist zumeist alles andere als ballaststoffreich. Wer noch dazu viel Zucker isst, füttert eher die „schlechten“ Darmbakterien, die dann mit der Zeit Überhand nehmen können.

Die folgenden Lebensmittel sind besonders ballaststoffreich:

Gemüse
Chicorée und Topinambur haben einen hohen Anteil an Inulin. Auch Artischocke, Rosenkohl, Grünkohl, Blumenkohl, Brokkoli, Möhren sind präbiotische Lebensmittel mit vielen präbiotischen Ballaststoffen.

Obst
Passionsfrucht, Avocado, Granatapfel, Birnen, Kiwis, Feigen, Äpfel, Bananen, Beeren, getrocknetes Obst

Getreide
Kleie und nahezu alles Vollkorn-Getreide sind sehr ballaststoffreich

Hülsenfrüchte
Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen

Nüsse und Samen
Nahezu alle Nüsse und Samen, besonders aber Chiasamen und Leinsamen

Fermentierte Lebensmittel nehmen eine besondere Stellung ein. Sie haben einen hohen Ballaststoffanteil, sind aber eigentlich bereits probiotische Nahrungsmittel, denn in ihnen sind auch Milchsäurebakterien enthalten. 

Wie viele Präbiotika braucht der Mensch?

Es wird empfohlen, dass Erwachsene mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag durch Lebensmittel zu sich nehmen. Der durchschnittliche Verzehr liegt in Deutschland allerdings unter 22 Gramm. Viele erreichen nicht einmal diese Menge. Daran kann man ablesen, wie wenig der gesundheitliche Aspekt der Ernährung beachtet wird. Dabei ist es einfach, für eine ausreichende Versorgung zu sorgen, denn Ballaststoffe sind in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten. Wer meint, sich um die Ernährung nicht kümmern zu können – sei es aus Geld- oder Zeitgründen, ist also schlecht beraten. Es genügen oft schon kleine Schritte: Die Ernährung sollte aus frischen Lebensmitteln bestehen, vorwiegend pflanzlich sowie wenig Zucker und Fett enthalten. Auf vorgefertigte Lebensmittel zu verzichten, ist immer eine gute Wahl.

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Kurz zusammengefasst:

  • Präbiotika sind, wie besprochen, das Futter für die guten Darmbakterien
  • Probiotika sind Zubereitungen mit lebenden Mikroorganismen. Hauptsächlich Bifidobakterien, Laktobazillen und Enterokokken sind hierin zu finden – sie bilden einen wesentlichen Teil der gesunden Darmflora. Probiotika finden sich auch in Lebensmitteln wie Joghurt, Kefir, Ayran, sauren Gurken, Sauerkraut sowie Tempeh und Miso aus der asiatischen Küche. 
  • Synbiotika sind Produkte, die sowohl aus Probiotika als auch aus Präbiotika bestehen. Hier wird oft Inulin, Topinambur, Nutriose, Akazienfaser oder Reisstärke genutzt, um den guten Darmbakterien sozusagen Proviant mit auf die Reise zu geben. 

Zwei leckere, schnelle Rezepte mit präbiotischen Ballaststoffen
Zum Tagesbeginn Müsli bestehend aus:

  • 2 Esslöffeln Haferflocken
  • 1 Esslöffel Hirseflocken
  • ½ Esslöffel Hafer- oder Weizenkleie
  • ½ Teelöffel Chiasamen
  • 1 Teelöffel geschroteten Leinsamen
  • Hafer- oder Mandelmilch, Joghurt
  • Apfel, Granatapfelkerne oder Banane
  • ein paar geröstete Nüsse und etwas Zimt

Im Winter kann daraus auch ein Frühstücksbrei gemacht werden. Die Wärme im Bauch am Morgen ist äußerst wohltuend und stabilisierend.

Als Nachtisch Chiasamen-Beeren Pudding:

  • Über Nacht 2 Esslöffel Chiasamen in ca. 250 ml Hafer- oder Mandelmilch geben und im Kühlschrank quellen lassen (darauf achten, dass sich die Samen gut verteilen, zu Beginn öfter umrühren).
  • Tiefkühl-Beerenmischung im Mixer zu einem Mus verarbeiten, geschrotete Leinsamen dazu geben und mit Zimt, Vanille sowie etwas Honig oder Akazienhonig und einem Hauch Pfeffer geschmacklich abrunden.
  • Die feste Chiasamenmasse in verschiedene Gläser füllen und die Musmischung darüber geben.
  • Ein paar Nüsse und Pfefferminzstückchen on top.
  • Guten Appetit!

Nahrungsmittel müssen nicht immer teuer sein, um eine gesunde Ernährung zu gewährleisten. Lebensmittel müssen auch nicht immer mit Prä- oder Probiotika, Vitaminen oder Spurenelementen angereichert werden, um verbessert zu werden. Frisch und kreativ zubereitet nähren sie, halten den Darm und die Darmflora fit und schenken dem Körper die Energie, die er braucht.

Quellenangaben & weiterführende Literatur

Weblinks

*: Bei Literatur: Erscheinungsjahr; bei Webseiten: Datum des letzten Abrufs

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