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Von Thomas Kammler

Vitamin-Mangel: Ist Deutschland kein Vitaminmangel-Land?

Deutschland Vitaminmangel Karte

Unterversorgung mit Vitaminen und Vitamin-Mangel weiter verbreitet, als man denkt

Häufig ist zu lesen, dass es in Deutschland kaum Menschen mit einem Vitamin-Mangel geben würde: „Klinisch manifeste Vitaminmangelkrankheiten werden bei im Übrigen gesunden Erwachsenen in Deutschland nur selten festgestellt.1

Eine Unterversorgung ist kein Mangel, so die Begründung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Es wird zwischen verschiedenen Stadien eines Vitaminmangels unterschieden: von einer nur marginalen Bedarfsdeckung, die am unteren Ende eines Mangels steht, bis zum starken Vitaminmangel, zu dem klinisch bedeutsame, messbare Störungen und typische Mangelsymptome gehören, die bei anhaltendem Mangel nicht mehr rückgängig gemacht werden können1. Eine enge Definition eines klinisch bedeutsamen Mangels hat den Nachteil, dass erst darüber gesprochen wird, wenn bereits schwerwiegende gesundheitliche Folgen aufgetreten sind.

Wäre es nicht plausibler einen Blick auf die  gesundheitsrelevanten Aspekte einer ausreichenden Vitamin-Versorgung zu werfen? Bei Vitamin A zeigt eine gute Versorgung beispielsweise vorbeugende Effekte z.B. in Bezug auf Herz-Kreislauferkrankungen und die Knochengesundheit. Wie viele chronische Erkrankungen tatsächlich auf einer Unterversorgung mit Vitaminen beruhen, lässt sich an diesen Vorsorge-Effekten einer guten Vitamin-Versorgung abschätzen. 

Die genannten Erkrankungen als Mangelerkrankungen zu bezeichnen und diesen mit einer breiten Versorgung an Vitaminen, aber auch an Mineralien und Spurenelementen zu begegnen, könnte möglicherweise eine sinnvolle Herangehensweise sein, um das Potenzial dieser essentiellen Nährstoffe bereits von Anfang an bestmöglich auszuschöpfen. 

Wie ist die Vitamin-Versorgung in Deutschland?

Die einzigen wissenschaftlich soliden Daten stammen aus der Nationalen Verzehrsstudie.2 Hier wurde die Vitamin-Versorgung in Deutschland anhand einer Befragung zum Essverhalten ermittelt. Solche Befragungen haben allerdings immer nur eine begrenzte Aussagekraft: Einerseits, weil Menschen ihr Essverhalten bewusst anpassen, wenn sie darüber befragt werden sollen und andererseits, weil sie ihr Essverhalten häufig besser darstellen, als es tatsächlich ist. Außerdem berücksichtigen die Zahlen viele weitere Kriterien nicht: Eine eingeschränkte Aufnahme der Vitamine über den Darm, die insbesondere im Alter eine sehr große Relevanz hat, oder Wechselwirkungen mit Medikamenten wie Protonenpumpeninhibitoren. Diese Arzneimittel werden häufig verordnet, um die Bildung von Magensäure zu unterdrücken, um so den Magen vor zu viel Magensäure schützen. Als unbeabsichtigte Nebenfolge sorgen sie aber auch dafür, dass Vitamin B12 schlechter vom Darm aufgenommen werden kann.
Dies lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass die Ergebnisse einer Befragungsstudie die Versorgungslage eher zu positiv als zu negativ darstellen. 

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Versorgung mit ausgewählten Vitaminen in Deutschland

Umso dramatischer sind die Ergebnisse der Vitamin-Versorgung in Deutschland zu bewerten: Als einziges Vitamin ist bei Vitamin B3 (Niacin) die Zufuhr bei allen Befragten ausreichend. Nur etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland erreichen die empfohlenen Mengen an Vitamin E, 80 % die Folsäure-Mengen (Vitamin B9), 30 % die Vitamin-C-Mengen. 82 % der Männer und 91 % der Frauen nehmen zu wenig Vitamin D auf. Bei allen anderen Vitaminen sind zwischen 10 und 30 % der Deutschen unterversorgt. 

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Wer diese Zahlen sieht, wundert sich, dass die Gesundheitspolitik keine Konsequenzen aus ihnen zieht. Für die Behandlung chronischer Erkrankungen werden Milliarden Euro ausgegeben. Die Vermeidung von Erkrankungen und die Gesunderhaltung der Menschen stehen hierbei nicht im Fokus. Diese könnte durch eine gesunde Lebensweise mit ausreichender Bewegung und gesunder Ernährung mit ausreichend Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen unterstützt werden. Aber: Es fehlen immer noch groß angelegte Studien, die die Zusammenhänge ausreichend belegen. Würden bereits die Unterversorgten als potentielle Mangelkranke eingestuft und für eine ausreichende Bedarfsdeckung gesorgt werden, könnten vermutlich Kosten eingespart und die Gesundheit erhalten werden.

Quellen:
1 DGE-Stellungnahme Vitaminversorgung (2012)
2 Ergebnisbericht, Teil 1 Nationale Verzehrsstudie II, Max Rubner-Institut Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel 2008

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