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Von Thomas Kammler

Depressionen haben eine geheimnisvolle Logik und innere Struktur

Depression haben eine geheimnisvolle Logik

Im letzten Newsletter haben wir Sie über die neue tiefenpsychologische rheingold-Studie zum Thema Depressionen informiert. Sie haben erfahren, dass eine Depression für die Betroffenen eine psychologische Funktion hat und als unbewusste Anpassung an unsere leistungsorientierte Lebensweise bewertet werden kann. Heute folgen die Details dieser Studie.

Welche Struktur steckt in der Depression?

1. Von höchsten Ansprüchen zum gefühlten Versager

Depressive sind keineswegs immer in Stimmungstiefs gefangen. Sie haben auch aktive Phasen, sind oft idealistisch, engagiert, haben sehr hohe Ansprüche an sich selbst und wollen diesen jederzeit gerecht werden. Diese Ansprüche wirken wie ein ruheloser Antreiber.

Jedoch haben sie schnell das Gefühl, auf ganzer Linie versagt zu haben, wenn sie mal einen Fehler machen oder etwas nicht schaffen. Die Belastungsgrenzen sind dabei individuell sehr verschieden: Der eine fühlt sich als Versager, wenn das Mittagessen mal nicht pünktlich auf dem Tisch steht, der andere, wenn er "nur noch" die Nr. 2 im Tor der deutschen Nationalmannschaft ist.

2. Schmoren im eigenen Saft und Alltags-"Vergleichgültigung"

Die Probleme entstehen, weil sich die Betroffenen nicht aktiv mit der Situation auseinander setzen, indem sie Gefühle wie Trauer oder Wut zulassen. Nein, sie ziehen sich in sich zurück. Gerade der so wichtige, aber auch schmerzliche Prozess des Trauerns findet nicht statt. Richtiges Trauern ermöglicht es den Menschen, sich von Liebgewonnenem zu trennen. Aber das tut oft weh und wird deshalb vermieden.

Daher werden die eigenen Ansprüche (Erster bzw. perfekt sein zu müssen) auch nicht aufgegeben, sondern in der Depression eingefroren und konserviert. Zugespitzt formuliert ist die Traurigkeit der Depression paradoxerweise in der Unfähigkeit zu trauern begründet.

Der Rückzug wird nicht willentlich vollzogen. Depressive fühlen sich eher wie ferngesteuert lahmgelegt. Gleichzeitig jagt ein Gedanke den anderen. Doch es wird nicht etwa einen Gang herunterschaltet. Vielmehr legt man den Leerlauf ein und gibt dennoch Vollgas. Der Motor läuft im Leerlauf heiß. Betroffene drehen sich um sich selbst und kommen nicht in Veränderungen hinein. Die Welt mit ihren Problemen und Herausforderungen wird ausgeblendet. Man sieht nur noch sich und sein eigenes Elend.

Der Zustand wird noch stabilisiert, indem unbewusst die Aufgaben und Reize des Alltags die gleiche Gültigkeit erhalten, kein Priorisieren mehr stattfindet. Alles scheint jetzt gleich wichtig, gleich schwierig oder gleich schlimm. Vor den Betroffenen ragt ein riesiger Berg auf, der nicht zu erklimmen ist.

3. Symptom-Behandlung - leider ohne die Wurzeln anzutasten

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Irgendwann erfolgt dann eine Symptom-Behandlung - nicht um die Krankheit loszuwerden, sondern um sich etwas besser zu fühlen. Immerhin sind die Symptome ja auch das "Alibi" dafür, dass die Betroffenen ihre hochgesteckten Ansprüche nicht erfüllen können. Noch können sie so das Bild von sich aufrechterhalten: 'Wenn es mir besser ginge, dann könnte ich auch...' Im Ergebnis entsteht ein zunehmendes Ohnmachtsgefühl. Das kann eine wachsende Wut gegen sich und die Welt erzeugen.

Wege aus der Depression

Aus dieser Struktur ergeben sich Handlungsansätze:

1. Sich offen mit eigenen Ansprüchen auseinandersetzen und sie relativieren
2. Prioritäten im Alltag setzen
3. Hilfe annehmen - durch offene Gespräche mit Freunden, aber auch professionelle Unterstützung
4. Seelenhygiene statt Schonwaschgang:

  • sich aktiv wehren
  • Gefühle zulassen
  • Verluste oder Niederlagen betrauern - nicht nur hinnehmen
  • sich auch mal unbeliebt machen
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