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Das Mikrobiom und die Regeneration der Leber

Leber

Neues aus der Forschung: Wie Leberzellwachstum durch das Mikrobiom beeinflusst wird

Die Leber ist das Entgiftungsorgan Nr. 1. Sehr häufig ist sie überlastet, das zeigt sich nicht immer an den Leberwerten. In der Naturheilkunde ist dies ein grundlegendes Thema bei vielen Erkrankungen, vor allem, wenn Patientinnen und Patienten von Antriebsschwäche und Erschöpfung berichten. Die Stärkung der Leber gehört häufig zum A und O der Arbeit. Es ist klar: Alle Toxine, die der Körper durch die Ernährung oder die Umweltbelastung aufnimmt, müssen durch die Leber unschädlich gemacht werden. Drogen jeder Art, Medikamente, Schwermetalle, Pestizide und Fast Food mit zu viel Zucker, Fett und Lebensmittelzusätzen setzen ihr stark zu. Umso erstaunlicher ist ihre Fähigkeit zur Regeneration:

  • Als einziges menschliches Organ verfügt sie über die Fähigkeit zur Gewebeerneuerung. Infolge einer Verletzung oder operativen Teilentfernung kann sie nachwachsen. Und das sogar schnell: Wird die Hälfte entfernt, geschieht dies zuweilen schon innerhalb weniger Wochen. Ein Forscherteam hat aktuell herausgefunden, dass diese Reparatur maßgeblich von den Darmbakterien abhängt (siehe unten).
  • Egal, wie alt ein Mensch ist – der Hauptteil der Leberzellen erneuert sich auch im höheren Alter spätestens nach drei Jahren. Sie ist also ein im Grunde immer junges Organ.
  • Bereits nach ein bis zwei Wochen Alkoholkarenz zeigt sich die Erholung der Leber dadurch, dass die Schlafqualität zunimmt und das Immunsystem stärker wird. Längere Phasen von Drogen-Abstinenz sorgen für deutlich mehr Vitalität, gesündere Haut, niedrigeren Blutdruck sowie ein reguliertes Gewicht.

Regeneration der Leberzellen – ein Fall fürs Mikrobiom?

Forscher des Klinikums rechts der Isar haben erstmals experimentell zeigen können, dass Darmbakterien den Fettstoffwechsel in Leberzellen und damit deren Fähigkeit zur Regeneration beeinflussen. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle:

Antibiotikagabe und gestörte Leberregeneration

Dieser Zusammenhang war bereits bekannt. Aber die Gründe wurden eher auf Immunreaktionen des Körpers oder schädliche Nebenwirkungen der Antibiotika auf die Leberzellen selbst zurückgeführt. Hier gab es eine Überraschung. Mäuse, die entweder von Geburt an kein Mikrobiom hatten oder deren Mikrobiom durch Antibiotika Schaden genommen hatte, konnten nahezu keine neuen Leberzellen bilden. Ein Schlüssel dazu ist die Produktion der kurzkettigen Fettsäuren.

Kurzkettige Fettsäuren

Durch die Antibiotikagabe verändert sich die Zusammensetzung des Mikrobioms. Diejenigen Bakterien, die verbleiben, produzieren oftmals deutlich weniger kurzkettige Fettsäuren. Wenn sich das Mikrobiom nach einigen Wochen erholt, steigt auch die regenerative Kraft der Leber wieder an. Allerdings eben mit deutlicher Verzögerung. 
Mäuse ohne Darmbakterien wiesen keine selbstständige Leberregeneration auf. Bekommen sie aber ein gezielt zusammengesetztes „Mikrobiom-Starter-Set“ wird sie zur Regeneration angeregt.

Leberzellen brauchen für ihr Wachstum und ihre Teilung Fettsäuren. In der Petrischale konnte gezeigt werden, dass kurzkettige Fettsäuren ein wesentliches Baumaterial für die Zellmembran der Leber liefern. Sind sie nicht ausreichend vorhanden, wachsen die Leberzellen nicht. Im Umkehrschluss: liegen genügend kurzkettige Fettsäuren vor, vermehren sich die Leberzellen. Besonders aktiv ist dabei ein Enzym mit dem Namen SCD1. Es ist auch bei Menschen aktiv ist, wenn sich die Leber regeneriert.

Weitere Forschung

Unter anderem an diesem Beispiel kann man ermessen, wie immens wichtig die Darmbakterien für die Vorgänge in anderen Organen sind. Vollständig in seiner Komplexität verstanden ist das Ganze wohl noch lange nicht. Doch diese Ergebnisse können den Grundstein für weitere Forschung legen. In deren Fokus könnte die Frage stehen, welche Zusammensetzungen des Mikrobioms gute Voraussetzungen für die Regeneration der Leberzellen darstellen. Die Einschätzung des geeigneten Zeitpunktes zum Beispiel einer Tumor-Operation könnte auch davon abhängen, ob das Mikrobiom gut aufgestellt ist oder selbst noch eine Erholungsphase braucht. Ebenso könnte man nach Operationen durch Stuhlproben einen Aufschluss über die regenerative Kraft der Leber erlangen und sie gegebenenfalls gezielt unterstützen

Quellenangaben & weiterführende Literatur

Weblinks

*: Bei Literatur: Erscheinungsjahr; bei Webseiten: Datum des letzten Abrufs

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