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Lymphdrainage: sanfte Hilfe bei gestörtem Lymphabfluss

Von Bärbel Tschech
erstellt

Kurz erklärt

Manuelle Lymphdrainage ist eine sanfte Form der Behandlung, die den Abtransport von Gewebeflüssigkeit unterstützt und so Schwellungen reduziert. Diese Therapie kommt insbesondere bei Lymphödemen, aber auch bei Sportverletzungen und im kosmetischen Bereich zum Einsatz.

Was ist Manuelle Lymphdrainage und was ist der Unterschied zu einer Massage?

Die meisten Menschen kennen den Begriff Drainage im Sinne eines Entwässerungsverfahrens bzw. eines Schutzes von Gebäuden vor dem Eindringen von Nässe durch den Keller von außen. Auch feuchte Landschaften werden drainiert, um Staunässe abzuleiten und sie landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Nicht zuletzt kennen Viele die Drainage nach Operationen, um der Wundflüssigkeit einen Abfluss zu ermöglichen.
Bei der Lymphdrainage handelt es sich um den natürlichen Prozess im Körper, die Gewebeflüssigkeit durch Lymphbildung über das Lymphsystem abzuleiten.
Meistens wird der Begriff gleichgesetzt mit der Manuellen Lymphdrainage (MLD). Das wiederum ist eine Form der physikalischen Therapien, bei der von ausgebildeten Lymphdrainagetherapeuten der Lymphabfluss mittels bestimmter Grifftechniken angeregt wird.

Bei der Manuellen Lymphdrainage handelt es sich um eine besonders sanfte Massage, oder besser: eine manuelle Therapie, die auf die Anatomie und Physiologie des Lymphgefäßsystems abgestimmt ist. Diese Form der manuellen Entstauungstherapie des Körpers wird überwiegend sehr sanft, langsam und rhythmisch ausgeführt. Dadurch empfinden die Patientinnen und Patienten die Therapie mit diesen ganz speziellen Handgriffen als besonders entspannend und viele schlafen sogar dabei ein, weil sie üblicherweise mindestens 30 Minuten lang durchgeführt wird.

Das Wissen über die Lymphe wurde im Verlauf von vielen Jahren zusammengetragen. Ein Meilenstein waren die Erkenntnisse von Emil Vodder in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Vodder gilt als Vater der Manuellen Lymphdrainage. Zusammen mit seiner Frau arbeitete Dr. Vodder in einer Reha-Klinik in Cannes. Dort erkannte er den Zusammenhang zwischen einem tastbaren Stau im Lymphabflussgebiet des Kopfes und verschiedenen Symptomen eines Patienten, nämlich Kopfschmerzen, unreiner feuchter Haut, immer wiederkehrenden Infekten und einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen. Er fragte sich, ob die tastbar geschwollenen Lymphknoten am Hals eine mögliche Ursache für die verschiedenen Beschwerden sein könnten. Mit Hilfe von bestimmten Drainagegriffen öffnete er den Abfluss der Lymphflüssigkeit aus dem Kopfbereich und befreite den Patienten so nachhaltig von all seinen Symptomen. Diese Beobachtungen bzw. diese Behandlung gelten als Geburtsstunde der Manuellen Lymphdrainage.

Was bewirkt die Manuelle Lymphdrainage und wie läuft sie ab?

Das Ziel der MLD ist ein Verstärken des Lymphabflusses und eine verbesserte Aufnahme der Lymphe aus dem Gewebe. Das wiederum hat zur Folge, dass die Schwellung reduziert wird. Außerdem werden Ablagerungen im Gewebe dem Abtransport über das Lymphsystem zugänglich werden, was beruhigen und den Schmerz lindern kann. Nicht zuletzt hat die MLD einen Einfluss auf das Milieu in der Umgebung der Zellen und damit auch auf die Versorgung und Entsorgung von Organzellen und die Immunfunktion, was der allgemeinen Gesundheit zuträglich ist. Diese Art der physikalischen Entstauungstherapie hat also verschiedenste positive Effekte. 

Vorgehensweise

Im Allgemeinen werden zunächst die beiden Mündungsstellen des Lymphgefäßsystems ins Immunsystem stimuliert. Diese liegen oberhalb des Herzens in den so genannten Venenwinkeln in den Schlüsselbeingruben. Damit soll ein Sog auf das gesamte Lymphsystem aufgebaut werden.
Der nächste Schritt ist eine Stimulation der so genannten regionären Lymphknoten durch leichte Saug- und Drucktechniken. Als regionär bezeichnet man die Lymphknoten, die für den Abtransport der Lymphe in dem betreffenden Stauungsbereich zuständig sind. Für die Arme sind das die Achsellymphknoten, für die Beine die Leistenlymphknoten. Durch das Stimulieren wird einerseits die Aktivität angeregt, andererseits werden die Druckverhältnisse so verlagert, dass ein „Sog“ auf die Lymphgefäße ausgeübt wird.

Danach wird die Umgebung des zu behandelnden Gebietes drainiert. Dazu arbeiten die speziell ausgebildeten Therapeuten in Lymphabflussrichtung, bis hin zu den regionären Lymphknoten in ganz langsamem Rhythmus. Es kommen spezielle Griffe zum Einsatz, wie der Pumpgriff, Schröpfgriff, der „Stehende Kreis“ oder verschiedene Tiefengriffe. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie komplex diese Therapieform ist, wird deutlich, warum man sie nicht als Massage bezeichnen sollte – zumal bei einer Massage üblicherweise relativ viel Druck auf die Muskulatur ausgeübt, die MLD dagegen überwiegend mit nur ganz sanftem Druck ausgeführt wird.

Lymphabfluss Kopf und Oberkörper

Wann führt man eine Lymphdrainage durch?

Haupteinsatzgebiet ist das Lymphödem. Beim Lymphödem ist die MLD ein Teil der Behandlungsstrategie, die als Komplexe Physikalische Entstauung (KPE) bezeichnet wird. Neben der Manuellen Lymphdrainage gehören auch Kompression, Hochlagerung, Hautpflege und Bewegungstherapie zur KPE. Üblicherweise werden die Behandlungen vom Arzt bzw. von der Ärztin verschrieben und meist auch von der Krankenkasse gezahlt. Meistens wird die Behandlung von Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten durchgeführt, die eine Zusatzausbildung als Lymphdrainage-Therapeuten gemacht haben, um diese besondere Therapieform durchführen zu können. Oft wird sie auch mit einer speziellen Krankengymnastik kombiniert, damit die Betroffenen alle Möglichkeiten ausschöpfen können, das lymphatische System zu unterstützen.
Mehr zum Thema Lymphödem und dessen Therapie lesen Sie im Kapitel Lymphödem. Dort erfahren Sie auch mehr zum Unterschied von eiweißreichen und eiweißarmen Ödemen, also reinen Wassereinlagerungen, und den Konsequenzen für die Behandlung.
Ein weiteres Einsatzgebiet für die medizinische Lymphdrainage-Behandlung sind Schwellungen im Zuge von Verletzungen, wie Prellungen, Verstauchungen und Zerrungen, die als Sportverletzungen häufig auftreten. Auch die Nachbehandlung von Knochenbrüchen und Operationen ist ein wichtiges Einsatzgebiet. 

Bei den Schwellungen in diesem Zusammenhang wird von einem postoperativen bzw. posttraumatischen Ödem gesprochen. Charakteristisch für solche Ödeme ist, dass sie aufgrund einer entzündlichen Reaktion auftreten und deshalb eiweißreich sind. Entzündungen sind dafür da, die Reparaturprozesse einzuleiten.  
Es gibt weitere bewährte Einsatzgebiete. Dazu gehören verschiedene Stauungszustände wie Lipödeme, aber auch Cellulite und manche Formen von Haut-Unreinheiten. Deshalb kommt die Manuelle Lymphdrainage auch zur Haut-Pflege und bei manchen Kosmetik-Behandlungen zum Einsatz. Seit einigen Jahren gewinnt sie sogar Bedeutung bei den Reichen und Schönen in Hollywood – lesen Sie hier mehr dazu.

Bei welchen Erkrankungen ist Lymphdrainage nicht ratsam?

Es gibt einige Erkrankungen, bei denen Lymphdrainage nicht oder nur unter strikter Beachtung der individuellen Gegebenheiten durchgeführt werden sollte. Dabei handelt es sich insbesondere um solche Infektionskrankheiten, bei denen die Gefahr einer Ausbreitung der Infektion über das Lymphgefäßsystem im ganzen Körper betrifft. Auch bei Thrombosegefahr und bei Krebserkrankungen ist besonders viel Wissen für die sichere Anwendung erforderlich. Sowohl ärztliche Lymphologen als auch die Lymph-Therapeuten wissen um diese Besonderheiten und behandeln dementsprechend achtsam und vorsichtig.

Was macht ein Lymphdrainage Gerät?

Seit einigen Jahren stehen auch Geräte zur Verfügung, durch deren Einsatz der Lymphabtransport mechanisch stimuliert werden kann. Das Prinzip beruht darauf, dass Luft mittels eines Kompressors in Luftkammern eingeführt wird und durch Veränderung der Druckverhältnisse in den Kammern eine Luftwelle in Lymphabflussrichtung entsteht, die die Lymphflüssigkeit antreibt. Es gibt diese Geräte für den Einsatz in den eigenen 4 Wänden, vor allem aber für Praxen und Kliniken. Deren Anwendung muss zunächst mit dem Arzt und Therapeuten abgeklärt werden. Mögliche Kontraindikationen für die Anwendung sind unbedingt zu beachten. Die Geräte erfreuen sich auch im Bereich der ästhetischen Medizin zunehmender Beliebtheit, weil sie Betroffenen helfen, Ödeme in den Beinen, aber auch im gesamten Körper zu beseitigen.

Kann man Lymphdrainage auch selber machen?

Wenn Sie selbst schon mal in den Genuss einer Manuellen Lymphdrainage gekommen sind, wissen Sie, dass man die vielen speziellen Griffe nicht bei sich selbst anwenden kann. Außerdem sind für diese Therapie neben der Technik auch gute anatomische Kenntnisse und das Wissen über den Lymphabfluss erforderlich. Insofern muss ein Profi ran, um die Möglichkeiten auszuschöpfen.
Wenn man sich aber selbst ein wenig mit dem Lymphsystem beschäftigt und beobachtet, wie die ausgebildeten Therapeuten arbeiten, kann man zumindest unterstützen, indem man beispielsweise eine passende Salbe in Anlehnung an die manuelle Lymphdrainage selbst aufträgt. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass man die Lymphabflussrichtung beachtet und die Salbe mit sanft kreisenden Bewegungen aufträgt, also lieber „einstreichelt“ und nicht einmassiert. Am besten, man lässt sich das von einem Lymphtherapeuten zeigen.

Frau Bärbel Tschech
Die Autorin Bärbel Tschech

Mein Traum war es schon als Schulkind, mal Biologie zu studieren, um später „irgendwas mit Natur“ machen zu können. Dieser Traum wurde Wirklichkeit: Ich studierte Biologie in Greifswald und Ulm und habe danach in der Naturheilkunde mein berufliches Zuhause gefunden. Seit 2001 bin ich Teil des medizinisch-wissenschaftlichen Teams von Pascoe Naturmedizin. Als Fachreferentin bin ich v.a. für die wissenschaftliche Produktinformation verantwortlich, wobei die Themen Homöopathie und Lymphe meine Schwerpunkte sind. Mehr erfahren

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