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Von Thomas Kammler

Wacholder im Heilpflanzen-Portrait

Wacholder

Der Wacholder ist eine der interessantesten heimischen Pflanzen überhaupt: In ihm sind Mystik, Aberglauben, alte Bräuche, jahrtausendealtes Erfahrungswissen und die Eigenschaften einer modernen Heilpflanze eng verwoben. Eine echte Herbstpflanze ist Wacholder außerdem: Man pflanzt und beschneidet ihn am besten im Herbst und auch die bekannte Frucht, die Wacholderbeere, wird im Herbst geerntet. Botanisch gesehen handelt es sich aber nicht um Beeren, sondern um Zapfen. Wie man an der Wuchs- und nadelförmigen Blätter-Form erkennen kann, gehört das Nadelgehölz Wacholder nämlich zur Familie der Zypressengewächse (Cupressaceae).

Woran erkennt man Wacholder?

Eine einheitliche Wuchsform kennt die immer-grüne Pflanze nicht. Abhängig vom Standort wächst er wie ein lichter Strauch, in Bergregionen gedrungen wie eine Latschenkiefer, er kann aber als Baum auch einen dickeren Stamm entwickeln. Charakteristisch sind die grünen 1-2 cm langen Nadeln, die längsrissige faserige Borke sowie die dunkel-blauen Beeren, die ätherisches Öl enthalten. Diese entwickeln sich sehr langsam: Erst ein oder zwei Jahre nach Blüte und Befruchtung reifen die Samen. Zunächst sind die Zapfen grün und hart. Erst mit der Zeit entwickeln sie ihr typisches Erscheinungsbild: fleischig, schwarzblau und mit einem wachsartigen Überzug.

Wo wächst Wacholder?

Heimisch und wild wachsend sind in Europa nur der Gemeine Wacholder (Juniperus communis) sowie der als Gift-Wacholder bekannte giftige Sadebaum (Juniperus sabina). Der Heide-Wacholder, auch Gemeiner Wacholder, um den es hier gehen soll, wächst als Strauch oder Baum. Er wird bis zu 12 Meter hoch und kann sagenhafte mehrere hundert Jahre alt werden. Obwohl man den Heidewacholder aus typischen Heidegebieten wie der Lüneburger Heide oder der Schwäbischen Alb kennt, ist er zwischen Südgrönland und Südspanien überall auf der Nordhalbkugel zu finden. Die weite Verbreitung verdankt die Pflanze ihren äußerst geringen Ansprüchen an Boden und Verfügbarkeit von Wasser. Es gibt noch weitere anpassungsfähige Arten, die in Nordamerika (Juniperus arizonica in Arizona, Texas und Mexiko, Juniperus californica u.a. in Kalifornien), Asien (z. B. Juniperus chinensis L. in China, Japan oder Korea), in der Tundra aber auch in der Karibik gedeihen: Juniperus barbadensis L. zum Beispiel auf Kuba und der Insel St. Lucia oder Juniperus bermudiana L. auf den Bermuda-Inseln.

Einige der rund 70 Juniperus-Arten können auch im heimischen Garten wachsen. Bekannt ist hier beispielsweise Juniperus scopulorum, auch Raketenwacholder genannt, insbesondere die häufig gepflanzte Sorte „Blue Arrow“. Kleinwüchsige Zwerg-Wacholder-Arten lassen sich sogar in Kübel oder Topf anpflanzen. Auch zum Bonsai lässt sich der kleine Baum zuschneiden. Der Gemeine Wacholder ist übrigens meistens zweihäusig getrenntgeschlechtig, das heißt, es gibt an einer Pflanze männliche Blüten und weiblichen Blüten.

Woher kommt der Name "Wacholder"?

Der Begriff "Wacholder" wurde im 15. Jahrhundert geprägt – sein Ursprung kann aber nicht eindeutig zurückverfolgt werden. Mögliche Wurzeln sind zum einen das althochdeutsche „wechalter”. Dieses Wort wird einerseits abgeleitet von dem Wort für „wickeln“ und bezieht sich damit auf die Nutzung der Zweige von Juniperus zum Flechten. Andererseits hat es aber auch Bezug zu dem mittelhochdeutschen Wort Quecholder. Das wiederum bedeutet so viel wie lebendig, lebensfrisch, immergrün. Zum anderen kann der Ursprung auch in der althochdeutschen Silbe "wachal" gesehen werden, was ebenfalls wach, munter, frisch oder auch immergrün bedeutet. Insgesamt über 150 regionale Bezeichnungen für den Wacholder deuten darauf hin, dass die Pflanze für uns Menschen seit langem eine bedeutende Rolle gespielt haben muss.

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Das Märchen vom Machandelbaum

Im Niederdeutschen wird der Wacholder auch als „Machandelbaum“ bezeichnet. Diesen Namen kennen die meisten sicherlich aus der Geschichte "Von dem Machandelboom" mit der die Brüder Grimm dem Wacholder ein märchenhaftes Denkmal gesetzt haben. Ursprünglich handelte es sich um eine Volkserzählung, die Philipp Otto Runge (1777-1810, Maler der Frühromantik, bekannt auch durch „Vom Fischer und seiner Frau“) aufgezeichnet hat – richtig bekannt wurde sie dann aber erst durch die Aufnahme in die „Kinder- und Hausmärchen“ (No. 47) der Brüder Grimm.

Wacholder in der Mythologie

Wacholder wurde schon zu Ur-Zeiten als Räuchermittel verwendet – und zwar nicht nur, um geräuchertes Fleisch zu aromatisieren: Zu Pest-Zeiten räucherte man mit der Pflanze die Krankenzimmer aus, um eine Übertragung zu verhindern. In früheren Zeiten sollten seine Zweige über der Haustür außerdem Dämonen abwehren. Später galt er als Heilmittel für typische Alterskrankheiten: Pflanzen, die immergrün den Winter überdauern (Symbol für Alter und Sterben), würden auch den Menschen mit seinen Altersbeschwerden unterstützen.

Wachholderbeeren in der Küche

Mittlerweile nutzt man die aromatischen und verdauungsfördernden Wirkungen in der Küche, z.B. für Wildgerichte oder Kohl (z.B. in Sauerkraut), um nur zwei prominente Verwendungsmöglichkeiten zu nennen. Gerade bei schwerverdaulichen Speisen können Wacholderbeeren gegen Verdauungsbeschwerden, Völlegefühl und Blähungen helfen. Die Wacholderbeere wird aber auch zur Gewinnung von verschiedenen Arten von Spirituosen verwendet. So dienen die Zapfen als Grundlage für Gin, Genever oder Steinhäger - allesamt Wacholderschnäpse.

Wie wird das Holz genutzt?

Der Wacholder ist das am weitesten verbreitete Nadelgehölz der Erde. Er ist sehr anspruchslos, was z.B. den Boden anbetrifft, trocken- und schädlingsresistent und zudem sehr widerstandsfähig. Allerdings wächst er sehr langsam, kann aber rund 2000 Jahre alt werden. Sein Holz besticht mit seinem langanhaltenden, angenehmen kampfer-artigen Geruch, einer schönen Farbe und filigranen Maserung. Es eignet sich ausgezeichnet zum Drechseln, Schleifen und Polieren. Aus ihm wurden zum Beispiel Pfeifenköpfe hergestellt oder Kunstschnitzereien. Wacholderspäne wiederum eignen sich zum Räuchern von Fisch und Fleisch. Die Nutzung des Holzes ist aber inzwischen in Deutschland sehr eingeschränkt, da die heimische Pflanze seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts unter Naturschutz steht.

Ist Wacholder giftig?

Im Gegensatz zum Sadebaum ist die Giftigkeit von Juniperus communis nur schwach ausgeprägt. Dennoch sollte man wissen, dass bei einer Überdosierung die Nieren gereizt werden. Zudem ist der wichtige Hinweis zu beachten, dass Wacholder-Beeren und Juniperus-Präparate in der Schwangerschaft nicht verzehrt bzw. eingenommen werden dürfen, da hierbei frühzeitig Wehen eingeleitet werden können.

Wacholder als Medizin: Anwendung und Wirkung

In der Pharmazie macht man sich vor allem die harntreibende Wirkung von Juniperus communis zunutze:

  • Wacholderbeer-Öl wird aus den reifen Beeren bzw. korrekterweise beerenförmigen Zapfen gewonnen. Man verwendet das ätherische Öl in Arzneimitteln zur Verdauungsförderung und Harntreibung aber auch in der äußerlichen Anwendung in Form von Badezusätzen und Einreibungen bei rheumatischen Erkrankungen. Hier macht man sich besonders das ätherische Wacholderöl zunutze. 
  • Wacholder-Beeren finden Einsatz in Teemischungen oder Wacholder-Tee und als Gewürz. Da die Zapfen in konzentrierter Form die Nieren reizen können, werden sie aber nicht mehr in hoch dosierter Form als harntreibende Arzneimittel angeboten.
  • Homöopathisch werden die frischen, reifen Samenzapfen verwendet - hier wird Juniperus communis bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, der Nieren und ableitenden Harnwege eingesetzt.

Quellenangaben & weiterführende Literatur

Weblinks

*: Bei Literatur: Erscheinungsjahr; bei Webseiten: Datum des letzten Abrufs

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